HBL GmbH
13 ist keine Unglückszahl: THW Kiel dank Andreas Wolff erstmals Pokalsieger in Köln

Ein unglaubliches Torwartduell im Finale des Lidl Final4 elektrisiert die 19.750 Fans in der LANXESS arena: Am Ende feiert der Rekordpokalsieger den 13. Titel nach einem 28:23-Erfolg über die MT Melsungen, die zum zweiten Mal in Folge ein Endspiel verliert. Im Fokus: der Wolff-Wahnsinn.
Der Jubel der weißen Wand in der LANXESS arena kannte kein Halten mehr, auf der Bank klatschte man sich schon eine Minute vor dem Abpfiff ab: Erstmals hatte sich der THW Kiel für das Lidl Final4 in Köln qualifiziert – und gleich bei der Premiere baute der Rekordpokalsieger am Sonntag seine Siegesserie aus: Durch das 28:23 im Finale gegen die MT Melsungen ist der THW zum 13. Mal insgesamt und zum ersten Mal seit 2022 DHB-Pokalsieger, die MT verlor nach 2021 und 2024 zum dritten Mal ein Endspiel. Und der Triumpf der Kieler hatte einen Namen: Andreas Wolff. Der Nationaltorwart war mit 16 Paraden der überragende Faktor in einem Torwartduell auf Weltklasse-Niveau, denn sein Gegenüber Nebojsa Simic stand ihm mit 13 abgewehrten Würfen nur wenig nach.
Für den „Wahnsinns-Wolff“, der völlig verdient zum DKB-Spieler des des Lidl Final4 2025 gewählt wurde, war es nach 2017 und 2019 der dritte Pokalsieg im Trikot des THW, für Patrick Wiencek Pokaltitel Nummer fünf – und dies im letzten Pokalspiel seiner langen Karriere. THW-Trainer Filip Jicha ist nun alleiniger Rekordhalter als DHB-Pokalsieger: nach fünf Titeln als Spieler, einem als Co-Trainer und nun zwei als Trainer hat der Tscheche Christian Zeitz (sieben Titel) mit dem achten Sieg überflügelt.
Finale: THW Kiel vs. MT Melsungen 28:23 (10:9)
Wenn die beiden besten Torhüter der DAIKIN Handball-Bundesliga aufeinandertreffen, darf man nicht mit allzu vielen Gegentoren rechnen. Andreas Wolff (THW) und Nebojsa Simic (MT) zeigten schon in der ersten Halbzeit, warum sie an der Paraden-Spitze stehen. Im Duell der Tor-Giganten stand es nach 30 Minuten remis: Wolf und Simic hatten jeweils acht Würfe pariert. Kein Wunder also, dass die 19.750 Fans in der ausverkauften LANXESS arena nur 19 Treffer in den ersten 30 Minuten sahen.
Das Finale war vom Anwurf an äußerst intensiv und hart – einfach, ein Kampf um jeden Zentimeter. Dabei wogte die Partie hin und her wie die Ostseewellen in der Kieler Förde: der THW legte vor (4:2), die MT zog nach (4:4), dann setzten sich die Zebras wieder ab (7:4 und 10:6). Weil aber Simic in den letzten sieben Minuten der ersten Hälfte seinen Kasten vernagelte, war Melsungen beim 9:10 zur Pause wieder dran. Man merkte den Kielern den Respekt an, schließlich hatte der THW die letzten vier Partien gegen die Nordhessen in der Liga nicht gewinnen konnte (drei Niederlagen, ein Remis).
Beim 12:11 ging Melsungen sogar in Führung, doch der Vorsprung hielt nicht allzu lange, denn Wolff stand der MT mehrfach im Weg. Beim 14:17 nahm Melsungens Coach Roberto Garcia Parrondo seine Auszeit, aber in dieser war Kiels Schwede Eric Johansson nicht zu stoppen. Seine Rückraumhämmer – teilweise über 155 Stundenkilometer schnell - waren unhaltbar für Simic. Elf Minuten vor dem Ende führte der Rekordpokalsieger mit 21:17.
Und danach ging der Wolff-Wahn sinn erst so richtig los: Egal, von wo Melsungen warf, der THW-Torwart war zur Stelle – und spätestens beim 26:21 des erneut überragenden Kapitäns Domagoj Duvnjak war Kiels Premierensieg in Köln nach zwölf Titeln in Hamburg eingetütet. Kleiner Trost für Melsungen: Nach dem 19:30 im Vorjahresfinale gegen den SC Magdeburg präsentierten sich die Nordhessen bärenstark, verlangten den Kielern alles ab.
Stimmen zum Spiel:
Filip Jicha, Trainer THW Kiel:
Alle können sich vorstellen, welche Emotionswelle gerade durch meinen Körper jagt. Ich bin riesenstolz auf meine Mannschaft und wie sie das Wochenende performt hat. Am Samstag war es eine Kraft- und Willensleistung heute haben wir viel auf den Punkt gespielt und uns nicht verunsichern lassen, von den Paraden von Nebojsa Simic, sondern immer weiter unser Ding gemacht. Am Ende waren es die Abwehr und die unfassbaren Paraden von Andy Wolff. Ich freue mich für die Mannschaft, deren Familien, die THW-Fans. Sie wollten Emotionen haben, viele kommen nach Köln um uns zu unterstützen, das ist viel wert für mich persönlich. Wir haben zum fünften Mal in dieser Saison gegen Melsungen gespielt und haben einen Riesenrespekt vor der Mannschaft und was sie aufgebaut haben. Es sind immer ausgeglichene, enge Spiele, heute waren wir die Glücklicheren, aber es war auch eine sehr konzentrierte Leistung meiner Jungs. Zwei Siege beim Final4 beflügeln, aber dadurch wird es am Mittwoch gegen Berlin nicht einfacher. Ich bin mir bewusst, welche Aufgaben wir noch vor uns haben, ich bin mir aber auch bewusst, was die Jungs heute erreicht haben für den ganzen Verein. Daher werden wir den Erfolg mit unseren Familien feiern, die Jungs haben morgen frei.
Viktor Szilagyi, Vorstand THW Kiel:
Das war ein überwältigendes Wochenende, mit einer emotionalen Achterbahnfahrt gestern. Ich freue mich unglaublich für den gesamten Klub, die Fans, alle Mitarbeiter, das Trainerteam. Die Mannschaft hat den Glauben nie verloren und heute alles perfekt umgesetzt. Es gab viele Sachen, dir wir als Mannschaft gnadenlos umgebogen haben, mit Emotionen und Leidenschaft, Danke aber auch für die tolle Turnier-Organisation. Es ist einfach nur fantastisch, hier ein Final4 zu spielen. Für unsere Sportart ist es das Größte, mit Medaillen und Pokal ist es noch viel schöner.
Roberto Parrondo Garcia, Trainer MT Melsungen:
Wir sind sehr unzufrieden, das ist jetzt ein schwerer Moment, vielleicht sieht es morgen anders aus. Wir können stolz sein auf die Mannschaft. Wir sind zum zweiten Mal in Folge hier, das ist sehr wichtig für die MT Melsungen. Wir wollten gewinnen, wir haben es versucht, aber wir haben seit Februar so viele verletzte Spieler. Aber wir haben gekämpft, haben guten Handball gespielt, auch wenn es heute nicht unser bester Tag war.
Michael Allendorf, Sportvorstand MT Melsungen:
Es war ein verdienter Pokalsieg für Kiel. Und man hat heute gesehen, dass Finals von Weltklassespielern entschieden, das war heute Andy Wolff. Dieses Jahr tut die Finalniederlage deutlich mehr weh als letztes, denn wir spielen eine überragende Saison. Daher tut es mir leid für die Jungs, die alle Rückschläge verarbeiten. Wir hatten die Chancen auf den ersten Titel, haben es nicht geschafft, haben aber noch Chancen in zwei weiteren Wettbewerben. Generell war das wieder ein Riesenerlebnis für unsere Fans. Nächstes Jahr wollen wir wieder kommen und es im Finale besser machen.
Rune Dahmke, Spieler THW Kiel:
Schwer zu sagen, was der Schlüssel zum Sieg war. Es war ein Mentalitätsspiel, da hatten wir heute die Vorteile. Andy Wolff kommt gut ins Spiel rein, steigert sich dann nochmal nach der Pause – und die Abwehr hat wirklich aufopferungsvoll gekämpft. Und die anderen Würfe hat Andy gehalten, das gibt dir natürlich Sicherheit. Wir werden diesen Titel natürlich feiern, denn unser Trainerteam ist genauso froh wie wir, dass wir den Titel gewonnen haben. Aber wir werden das mit Augenmaß machen, Mittwoch geht es wieder weiter gegen die Füchse. Es wird jetzt natürlich unglaublich schwer, diese Lücke von Patrick Wiencek zu ersetzen. Aber so ist Profisport, es geht immer weiter. Nach einem Jahr hat man sich dann an die neue Situation gewöhnt.
Patrick Wiencek, Spieler THW Kiel:
Als Domagoj Duvnjak mir den Pokal überreicht hat mich das unglaublich getroffen, das war nicht abgesprochen, ich wusste von nichts. Diesen Moment werde ich nie vergessen. Ich bin unglaublich dankbar dafür, das war eine unglaublich große Geste. Für mich hat jeder Pokalsieg seinen speziellen Stellenwert, auch dieser. Ich habe die Atmosphäre heute genossen, und es ist einfach genial, dass wir in Deutschland immer vor einer solchen Kulisse spielen können. Zur Pause hätten wir deutlicher führen können, aber Melsungen hat uns einen tollen Kampf abgeliefert.
Nebojsa Simic, Torwart MT Melsungen:
Egal, wie die Spiele vorher in der Liga oder der European League waren, jede Partie ist anders. Kiel war heute viel besser. Ich habe jetzt das dritte Pokalfinale verloren, und ich bin nach jedem gleich enttäuscht. Ich hatte gedacht, dieses Jahr wäre unser Jahr, wir könnten es schaffen, daher ist die Enttäuschung riesig. Die Fans waren super, die Atmosphäre war richtig geil. Bis zur 40. Minute haben wir gut gespielt, dann wurde Kiel besser und hat einfach immer weiter gemacht.
Adrian Sipos, Spieler MT Melsungen:
Heute haben wir nicht unser bestes Spiel gezeigt. Wir haben alles versucht, um Kiel zu stoppen, aber wir haben zu viele Fehler gemacht. Außerdem hat Kiel mehr Erfahrung in solchen Spielen: Sie haben den Pokal schon so oft gewonnen. Wir konnten nicht an die Leistungen aus unseren Ligaspielen anknüpfen, das ist sehr enttäuschend.