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Finale! MT Melsungen ringt wacker kämpfende Gallier von der Alb nieder

Foto: Klahn
Die Nordhessen ziehen beim Lidl Final4 nach 31:27-Sieg über den Zweitligisten HBW Balingen-Weilstetten zum zweiten Mal in Folge und zum dritten Mal insgesamt in ein Pokal-Endspiel ein.
Es war spannend bis zum Schluss, auch wenn der Favorit in der zweiten Halbzeit immer in Führung lag: Doch erst kurz vor dem Abpfiff hatte die MT Melsungen den Finaleinzug gegen die HBW Balingen-Weilstetten eingetütet. Das 31:27 spiegelt den knappen Spielverlauf zwischen David und Goliath wider.
Die MT Melsungen steht somit zum dritten Mal in einem DHB-Pokal-Finale – und in Köln sogar zum zweiten Mal in Folge. Im Endspiel des Lidl Final4 trifft das Team von Roberto Garcia Parrondo am Sonntag (15.35 Uhr, live bei Dyn und der ARD) auf den THW Kiel. Nach den Finalniederlagen 2021 gegen den TBV Lemgo Lippe und 2024 gegen den SC Magdeburg hoffen die Nordhessen nun auf ihren ersten Pokalsieg. Im Halbfinale am Samstag musste der Dritte der DAIKIN Handball-Bundesliga aber erheblichen Widerstand des wacker kämpfenden Zweitligisten HBW Balingen-Weilstetten brechen. Der Traum vom ersten Finaleinzug einer Zweitligamannschaft seit der HSG Dutenhofen/Münchholzhausen im Jahr 1997 blieb unerfüllt.
Beste Werfer in einer intensiven Partie waren Eric Balenciaga (Melsungen) sowie das HBW-Duo Sascha Pfattheicher und Robert Timmermeister mit je sechs Treffern. Zudem überragten auf beiden Seiten die Torhüter: Balingens Mateusz Kornecki (zehn Paraden) und Nebojsa Simic (elf) bei der MT, die am Sonntag bereits zum fünften Mal in dieser Saison auf den THW trifft. In der DAIKIN HBL gewannen die Nordhessen beide Spiele, in der European League gab es ein Remis und eine Niederlage in Kiel. Die HBW Balingen-Weilstetten kämpft im Baden-Württemberg-Duell mit den Rhein-Neckar Löwen um den dritten Platz beim Lidl Final4 2025.
Halbfinale 2: MT Melsungen vs. HBW Balingen-Weilstetten 31:27 (15:14)
Die Fans von der Alb unter den 19.750 Zuschauern in der ausverkauften LANXESS arena hatten anfangs in Sachen Laufstärke klare Vorteile gegen die „rote Wand“ der MT Melsungen auf der gegenüberliegenden Hallenseite. Denn ihr Team hatte die Partie und den Favoriten überraschend im Griff. Dank Torwart Mateusz Kornecki und einer extrem beweglichen Defensive ging der Zweitligist beim 4:3 durch Robert Timmermeister erstmals in Führung, baute den Vorsprung beim 9:7 erstmals auf zwei Treffer aus – und führte nach einem 3:0-Lauf dann sogar 13:10 (21.). Die Gallier-Fans waren in Feierlaune.
Aber dann vernagelte Nebojsa Simic seinen Kasten – der Montenegriner im MT-Tor wehrte drei Würfe in Folge ab, seine Vorderleute nutzten das Momentum und glichen wieder aus, die mögliche Führung vergab Timo Kastening, der mit einem Siebenmeter an Kornecki scheiterte. Dennoch ging die MT mit einem knappen 15:14 in die Kabine - nach einem traumhaften Dreher von David Mandic nach No-Look-Pass von Dainis Kristopans. Dennoch lag Kornecki in der Torwart-Halbzeit-Bilanz knapp mit 7:5 vor Simic.
Wie das berühmte Eichhörnchen, das sich extrem mühsam ernähren muss, bauten die Nordhessen nach der Pause den Vorsprung langsam, aber beständig aus. Die Balinger Defensive stand immer noch sicher – aber der größte und der kleinste Melsunger fanden nun die Lücken: Dainis Kristopans und Eric Balenciaga. Als schließlich Timo Kastening zur ersten Vier-Tore-Führung beim 21:17 in der 41. Minute traf, nahm Balingens Trainer Matthias Flohr seine Auszeit.
Als Jonathan Svensson zehn Minuten vor dem Ende zum 26:19 für Melsungen traf, schien die Partie entschieden – aber Balingen gab sich immer noch nicht auf. Sascha Pfattheicher traf dreimal, und beim 26:22 nahm Garcia Parrondo seine Auszeit. Und die Zeit zeigte mit ein paar Minuten Verspätung ihre Wirkung: Mit dem 29:24 stellte der junge Spanier Ian Barrufet per Siebenmeter die Weichen auf Finale – zum Jubel nicht nur der nun wie entfesselt aufspielenden Trompeter in der MT-Fankurve. Aber auch der Balinger Anhang feierte seine Mannschaften noch Minuten nach Abpfiff für die couragierte Leistung.
Die größte Überraschung in den Aufstellungen beider Halbfinalisten war die Nummer 80 bei Melsungen: der 44-jährige Carsten Lichtlein, eigentlich Torwarttrainer der MT, vertrat den erkrankten Adam Morawski, und darf nun nach über 700 Bundesligapartien von seinem ersten nationalen Titel träumen.
Stimmen zum Spiel:
Roberto Garcia Parrondo, Trainer MT Melsungen:
Balingen hat ein sehr gutes Spiel abgeliefert und wir hatten viel Respekt vor Balingen. Das ist eine gute Mannschaft und wir wussten, dass wir 100 Prozent geben müssen. Wir hatten viele Probleme in den letzten zwei Monaten, unsere Situation ist nicht sehr gut, daher sind wir sehr zufrieden und stolz, dass wir im Finale stehen. Wir hatten sehr viel Pech mit Verletzungen, aber jetzt möchten ein sehr gutes Spiel abliefern. Wir haben trotz aller Verletzungen eine unglaubliche Saison, haben genauso viele Punkte in der Liga wie Berlin, stehen im Pokalfinale und im Viertelfinale der European League. Aber jetzt denken wir nur an das nächste Spiel, denn morgen endet der Pokal. Das ist jetzt das wichtigste Spiel.
Michael Allendorf, Vorstand MT Melsungen:
Ich bin sehr stolz darauf, das wir zum zweiten Mal in Folge im Finale stehen. Balingen hat uns das Leben extrem schwer gemacht mit ihrem unglaublichen Tempo. Wir hatten ein schweres Spiel erwartet. In der zweiten Halbzeit stand die Abwehr besser, es war nicht unser bestes Spiel, das lag aber auch an Balingen.
Matthias Flohr, Trainer HBW Balingen-Weilstetten:
Ich bin unglaublich stolz auf die Mannschaft, die genau das umgesetzt hat, was wir uns vorgenommen hatten. Wir wollten mutig spielen, Melsungen extrem unter Druck setzen und hohes Tempo gehen. Wir sind maximales Risiko gegangen, da muss man damit rechnen, dass Fehler passieren, am Ende waren es zu viele. Melsungen hat weniger Fehler gemacht und hat seine Qualität abgerufen, mit der Durchschlagskraft von Kristopans. Wir haben von der Euphorie und maximalem Risiko gelebt. Die MT ist der verdiente Sieger, weil Melsungen die bessere Mannschaft ist.
Axel Kromer, Geschäftsführer Sport HBW Balingen-Weilstetten:
Es war ein verdienter Sieg für Melsungen, doch wir können trotzdem stolz sein. Wenn der gegnerische Torwart von den Fans am meisten gefeiert wird, zeigt das, dass wir uns viele Chancen herausgearbeitet haben – daher können wir erhobenen Hauptes aus dem Spiel rausgehen. Wir ziehen viel Energie für die nächsten Aufgaben daraus, die wir im Spiel um Platz drei und in der 2. Bundesliga brauchen werden. Wir haben von den Fans zurückbekommen, was Mannschaft und Verein investiert haben. Das Wochenende ist ein once-in-a-lifetime-Erlebnis für die Fans mit unserem Top-Auftritt auf der Platte, dem Fanmarsch, dem Partyboot – und es war undankbar für die MT, denn auch die neutralen Fans haben Stimmung für uns gemacht, weil wir der Underdog waren.
Dainis Kristopans, Spieler MT Melsungen:
Wir waren alle unglaublich nervös angesichts dieser Atmosphäre. In der zweiten Hälfte haben wir uns etwas leichter getan, aber Balingen hat bis zum Schluss gekämpft. Wir wollten ein kleines bisschen Kraft sparen fürs Finale. Am Ende sind wir natürlich glücklich, dass wir im Finale stehen.
Carsten Lichtlein, Torwart MT Melsungen:
Unsere Fans haben eine Riesenstimmung gemacht, genau wie letztes Jahr. Für unsere neuen Spieler, die 2024 nicht dabei waren, war das natürlich sensationell. Sie haben das richtig genossen. Als Trainer habe ich ein ganz anderes Gefühl, als wenn du selbst performen musst. Da gehe ich als Trainer viel entspannter ins Spiel. Als Spieler auf der Bank zu sitzen sorgt für eine ganz andere Nervosität.
David Mandic, Spieler MT Melsungen:
Jetzt wartet nur noch das Finale, ein Spiel, in das wir alles reinwerfen werden. Das ist ein 50:50-Spiel. Wir konnten heute ein bisschen Kräfte schonen, mussten aber bis zum Schluss Gas geben. Bei der WM war ich wegen einer Verletzung nur Zuschauer beim Finale, jetzt spiele ich mit.
Elias Huber, Spieler HBW Balingen-Weilstetten:
Das war unglaublich. Wenn du als Spieler in diese Arena reinläufst, kannst du das mit nichts vergleichen. Unsere Fans waren natürlich auch mega. Es war unglaublich wichtig, dass wir gut gestartet sind, dass wir gut reinkommen gegen eine Topmannschaft, sonst kann das ganz schnell anders ausgehen, Wir haben uns an unseren Matchplan gehalten und haben im 6-gegen-7 wirklich toll gekämpft. Aber das hat uns gegen diese körperlich starken Kreisläufer und Rückraumspieler extrem viel Kraft gekostet, nachdem wir am Anfang etwas Kräfte sparen konnten. Als wir nicht mehr so dagegenhalten konnten, zog Melsungen gleich weg.