HBL
Rune Dahmke „ein Junge, mit der Bereitschaft, jeden Tag Opfer zu bringen und bis an seine Grenze zu gehen“ - "Never Stop" Folge 5

Für Rune Dahmke gilt das Motto „Einmal Kieler, immer Kieler“. Seit seinem 15. Lebensjahr läuft der inzwischen 31-Jährige für die Zebras aus Kiel auf. Auf Vereinsebene gewann er sämtliche Titel, mit der Nationalmannschaft wurde er 2016 Europameister und gewann bei den olympischen Sommerspielen von Paris 2024 die Silbermedaille. Folge 5 der HBL-Doku „Never Stop“ zeichnet den Weg von Rune Dahmke vom THW-Fan bis zum Leistungsträger und Vorbild des Rekordmeisters in der “stärksten Liga der Welt” nach - der davon träumte, immer nur für den THW Kiel zu spielen.
In Folge fünf der aktuellen HBL-Doku-Serie „Never Stop – Vom ersten Wurf bis zur Weltspitze“ dreht sich alles um den Jungen aus Mönkeberg, einer Gemeinde mit etwas mehr als 4.000 Einwohnerinnen und Einwohner, die nur 14 Kilometer entfernt von der Landeshauptstadt Kiel an der Förde gelegen ist. Und dessen Vater schon für den THW und die deutsche Nationalmannschaft spielte, der in Kiel vom Fan zum THW-Nachwuchsspieler, zum Profi, zum Champions-League-Sieger, zum Europameister und Olympiazweiten wurde. Und bei diesem Reifeprozess doch immer geerdet blieb, weil er wie kaum ein anderer Spieler im THW-Profikader mit Stadt und Region verwurzelt ist.
„Never Stop“ blickt auf Kindheit und Jugend, auf die Anfänge, auf dem Weg von Mönkeberg über Kiel und kurz um die Ecke nach Altenholz, wieder zurück nach Kiel, wo Dahmke als waschechter Kieler die große Identifikationsfigur bei den Fans ist. Und der auch als gereifter Handballprof nicht wegwill, gerade jetzt, wo die Familie nach jahrelanger Fernbeziehung endlich beisammen ist, Welthandballerin Stine Oftedal nun Oftedal-Dahmke heißt und nach ihrem Karriere-Ende nach Kiel gezogen ist – nachdem sie in ihrem letzten Spiel Olympiagold mit Norwegen gewonnen hatte, kurz nach dem Champions-League-Titel mit dem ungarischen Club aus Györ. Wenige Tage nach ihrem Olympiagold und seinem Olympiasilber haben sich beide das Ja-Wort im Kieler Standesamt in der Fleethörn gegeben.
„Man könnte sagen, ich habe es nicht weit geschafft“, sagt Rune Dahmke mit seinem typischen verschmitzten Lächeln.

Lange vorher saß „Küsten-Kid“ Rune Dahmke in der Kieler Ostseehalle im Fanblock, hat seinen Verein, seine Handball-Helden angefeuert, hat die Poster der großen Stars des Rekordmeisters aus den Hallenheften des THW Kiel herausgetrennt und sie in seinem Zimmer aufgehangen. Jetzt reißen sich die Fans bereits seit vielen Jahren um Dahmke-Poster, um seine Autogramme – und die Stadt und der Verein, mit denen Dahmke verbunden ist, sind immer noch die gleichen. „Man könnte sagen, ich habe es nicht weit geschafft“, sagt Rune Dahmke mit seinem typischen verschmitzten Lächeln. Denn sein Lebensmotto ist ganz einfach: Einmal Kiel, immer Kiel. „Kiel ist meine Heimat. Ich bin hier geboren, bin hier aufgewachsen, ich arbeite hier, natürlich liegen mir Kiel und der THW am Herzen“, sagt der Linksaußen des THW. „Ich habe in Kiel alles, was man braucht“, findet Dahmke: „Ich habe natürlich das große Glück, dass ich meine Familie, meine Freunde hier habe. Und ich merke schon, wenn ich viel unterwegs bin, dass mir das Meer nach einer gewissen Zeit fehlt. Denn ich verbringe gerne mal ein paar Stunden am Strand.“
Nimmt man die Wunderino-Arena als Fixpunkt, kommt Rune Dahmke genau vom anderen Ende der Kieler Förde, spielte wie sein Vater und sein Bruder Morten für den SV Mönkeberg. 2008 im Alter von 15 Jahren wechselte er zum THW Kiel, bei dem er alle Nachwuchs-Leistungsmannschaften durchlief.
Beim Konkurrenten SV Mönkeberg gab es einen großen Aufschrei, als Rune Dahmke seinen Heimatverein verlässt, um zum Rivalen THW Kiel zu wechseln.
„In Mönkeberg gab es natürlich einen großen Aufschrei, seinen Heimatverein zu verlassen für den THW, der dann doch Rivale war. Das war damals schon Thema“, erinnert sich Dahmke. Mit vier, fünf Trainingseinheiten pro Woche entwickelte sich der Linksaußen schnell. Prägend zu dieser Zeit war THW-Nachwuchstrainer Till Wiechers: „Der hatte ein richtig gutes Gefühl, auch in der Persönlichkeitsentwicklung“, sagt der Nationalspieler rückblickend.
„Und dann gehört natürlich auch ein bisschen Glück dazu, dass du beim richtigen Spiel, wo auch einer mal zuguckt, gut bist und dass du die Chance, die du dann vielleicht mal bekommst, auch nutzt.“ Am 1. Juli 2014 unterschrieb der gelernte Immobilienkaufmann seinen ersten Profi-Vertrag beim Rekordmeister. Und dann ging es steil bergauf: Mit den Zebras gewann Dahmke alle wichtigen Titel im Vereinshandball: 2020 die Champions League, 2019 den EHF-Cup, viermal die Deutsche Meisterschaft, dreimal den DHB-Pokal sowie sechsmal den Super Cup.
„Immer beim THW gespielt zu haben, das ist eigentlich unvorstellbar für mich gewesen. Es war immer mein Traum.“ Beim ersten Champions-League-Triumpf der Kieler 2007 im Finale gegen die SG Flensburg-Handewitt saß er noch mit seinem Bruder auf der Tribüne, wie bei so vielen THW-Spielen zuvor: „Wir sind eigentlich immer hier gewesen, wenn die Spiele nicht zu spät angesetzt waren.“ Zu seiner Jugendzeit war der THW eher nicht als größter Ausbildungsverein in der HBL bekannt, was sich mittlerweile unter anderem dank Klaus-Dieter Petersen geändert hat. Aber auf das Eigengewächs Dahmke hatte man schon damals ein Auge geworfen, nicht erst, als die Zebras in der A-Jugend-Bundesliga spielten. Trainer seinerzeit war Raul Alonso – ein Weltenbummler in Sachen Handball. Erst Nachwuchs- und Co-Trainer beim THW Kiel, später mit Meshkov Brest im Champions-League-Viertelfinale, danach in der DAIKIN HBL beim HC Erlangen, mittlerweile beim mazedonischen Meister und CL-Teilnehmer Eurofarm Pelister in Bitola.

Dahmke über seine Zeit bei Raul Alonso „Raul hat früh erkannt, dass ich alles, was er sagt, machen werde und alles opfern werde. Er hat mir extrem geholfen, denn er hatte die Verbindung zur ersten Mannschaft als Co-Trainer.“ Nach der A-Jugend folgte der zweite und letzte Vereinswechsel der Karriere für Rune Dahmke – mit Zweitspielrecht zum THW-Kooperationspartner TSV Altenholz in die 2. Bundesliga, genau 14 Kilometer entfernt von Kiel. „Dort hatte ich zwei wirklich fantastische Jahre. Ein Jahr 3. Liga, ein Jahr 2. HBL. Wir waren eigentlich fast wie eine Hobby-Truppe. Alle haben studiert oder gearbeitet, dafür waren wir ziemlich gut und du hast trotzdem nach jeder Auswärtsfahrt immer eine richtige Party gehabt.
Und weiter: „Da hatte ich das Gefühl, du spielst das erste Mal wirklich Männer-Handball. Da habe ich persönlich viel gelernt. Und trotzdem aber noch mal Handball so genossen, wie man eigentlich anfängt oder wie man sich das vorstellt, wenn man eigentlich ja auch viel zum Spaß spielt.“ Parallel zur 3. Liga lief Dahmke gelegentlich in der Champions League für den THW auf – welch‘ eine Parallelwelt! 2014 endete das Doppelspielrecht mit dem ersten Profivertrag bei den Zebras. „Ich bin gefragt worden, ob ich beim THW spielen möchte und das war relativ leicht zu beantworten.“ Er war zurück und sollte bleiben. Auch die gestandenen Spieler des THW merkten, dass dort einer anklopft, der es wissen will: „Damals hatten wir tatsächlich wenig Jugendarbeit. Dass jemand als Junior hochgebracht wurde in die erste Mannschaft, das war sehr ungewöhnlich“, erinnert sich Dahmkes damaliger Mitspieler und heutiger Cheftrainer Filip Jicha. Aber: „Dann kam ein Junge, der unfassbar ehrgeizig war. Damals war ich Kapitän, die rechte Hand von Trainer Alfred Gislason. Ich habe ihm gesagt: Diesen Spieler finde ich super, der tut der Mannschaft gut. Denn er hat nicht nur Talent, sondern auch diesen Hunger und diese Bereitschaft, jeden Tag Opfer zu bringen und bis an seine Grenze zu gehen.“ Genau diese Charaktereigenschaften lobt auch THW-Kapitän Patrick Wiencek: „Rune hat immer die Tugenden gehabt, die man beim THW braucht: Einsatz, Motivation. Er ist der THW. Dieses Gen hat er, glaube ich, bei der Geburt mitbekommen.“
„Als es passiert ist, da habe ich gedacht: ‚Gott sei Dank!‘ Das wäre schon hart, hier so viele Jahre zu spielen und es nicht geschafft zu haben. Da war ich erleichtert, richtig erleichtert.“
Gleich im ersten Profijahr wird Dahmke deutscher Meister mit dem THW: „Bei der Meisterfeier haben ihn die Fans über den Rathausplatz getragen – und er war oben ohne“, erinnert sich Wiencek. Auch wenn es ihm im Nahhinein ein bisschen peinlich ist, stimmt Dahmke dem Verlauf des Abends doch zu: „Da stehen 15.000 oder 20.000 Leute, du bist halbnackt mit zehn Bier im Kessel – und dann springst du rein in die Menge und wirst getragen. Das war auf jeden Fall etwas, was ich nicht missen möchte.“
Mit den Jahren hat Dahmke gelernt, mit diesem Druck umzugehen, der beim THW herrscht, erst recht, als es 2020 endlich mit dem lange ersehnten Champions-League-Titel klappt. Mitten in Coronazeiten, in der leeren LANXESS arena Köln gewinnt der THW das Finale gegen den FC Barcelona. „Als es passiert ist, da habe ich gedacht: ‚Gott sei Dank!‘ Das wäre schon hart, hier so viele Jahre zu spielen und es nicht geschafft zu haben. Da war ich erleichtert, richtig erleichtert.“
„Es ist unfassbar wichtig, dass die jungen Handballer, die auch bei uns in der Nachwuchsabteilung spielen, Leute wie Rune um sich haben.“

Denn vor allem als Kieler bedeutet es ihm „alles“ für den Rekordmeister zu spielen: „Das ist viel Druck, aber auch eine riesige Ehre und natürlich viel Stolz. Wenn du mit dem THW gewinnst, ist es mehr Erleichterung als Freude. Wenn du verlierst, dann geht eigentlich schon direkt die Welt unter. Du trägst nicht nur die 16 Jungs oder die aktuelle Saison auf deinen Schultern, sondern so viele Jahre Tradition, so viele Jahre Erfolg. Und du willst mit Sicherheit nicht der sein, der ins Nest scheißt und einfach so viel schlechter ist, als alle Jahrgänge davor.“ Für derart offene Worte, seine Heimatverbundenheit und die Nähe, die er zulässt, lieben ihn die Fans – und der THW weiß genau, was er an „seinem“ Kieler hat, weiß zum Beispiel Christian Sprenger, heute Co-Trainer, früher Mitspieler: „Trotz des Rummels um ihn ist Rune immer unfassbar bodenständig geblieben. Es ist unfassbar wichtig, dass die jungen Handballer, die auch bei uns in der Nachwuchsabteilung spielen, Leute wie Rune um sich haben, um zu wissen, dass der Weg sich lohnen kann, dass es möglich ist, auch in der Bundesliga Fuß zu fassen.“
Alle bisherigen Folgen der HBL-Doku über Leistungsträger in der „stärksten Liga der Welt“ sind hier zu sehen.
Fotos: Behnke-Schoss, Wolf, Klahn, HSG Wetzlar