HBL
Die Erfindung des Handball Super Cups: Geboren aus dem Sommerloch

Foto: Keller
Zur 60-jährigen Geschichte der Handball-Bundesliga gehört auch die Einführung des Handball Super Cups. Den ersten Titel der Saison erfand Burkhard Keller, Manager der SG Wallau-Massenheim, im Sommer 1994.
Wenn am Samstag, dem 23. August 2025, mit dem 32. Supercup der große Saisonauftakt steigt, die Partie des Meisters Füchse Berlin gegen den Pokalsieger THW Kiel, wird auch ein Mann aus dem schweizerischen Engelberg in den brandneuen SAP Garden nach München schauen. „Na klar, das gucke ich mir an“, sagt Burkhard Keller, 67, der seit vielen Jahren im malerischen Skiort wohnt. Keller, 73 Einsätze in der Bundesliga, ist immer noch interessiert am sportlichen Geschehen. Aber natürlich, sagt er, denke er in jedem Sommer wieder zurück 1994, als er diesen Wettbewerb erfand. Keller hatte seinerzeit just die Seiten gewechselt. Nachdem er als Interims-Trainer die SG Wallau-Massenheim 1994 zum Sieg im DHB-Pokal geführt hatte, arbeitete er erneut als SG-Manager, denn die große Figur der SG, Marmorhändler Bodo Ströhmann, war zurückgetreten. In den ersten Wochen im Juli 1994, erinnert er sich, herrschte etwas Leerlauf. „Wir hatten ja immer so ein Sommerloch“, sagt Keller.
Zugleich aber musste er sich, da also der Mäzen aus der Marmorbranche ausfiel, Gedanken über die Finanzen machen. „Damals musste man ja immer sich nach dem Geld strecken. Deshalb habe ich mir überlegt: Was könnten wir denn tun?“ Als in diesem Moment eine Anfrage des Kopierherstellers Canon auf den Tisch flatterte, kam Keller eine Idee: „Man könnte doch, so wie im Fußball, als Saisonauftakt ein Spiel zwischen Meister und Pokalsieger austragen.“ Der „Canon Supercup“ war geboren.
Also Anruf bei Uwe Schwenker, dem neuen Manager des frischgebackenen Meisters 1994. Die beiden kannten sich aus der Bundesliga. Linksaußen Schwenker hatte sich im Trikot des TV Grambke und des THW Kiel zwischen 1979 und 1986 auf dem Spielfeld oft mit dem Rechtsaußen Keller duelliert, der vor seiner Wallauer Karriere bei der SG Dietzenbach aufgelaufen war. Schwenker sagte spontan zu unter der Bedingung, dass die SG alle Kosten übernehme.
Als Standort kam die Ballsporthalle Frankfurt-Höchst nicht wirklich in Frage. Zwar hatte die SG dort im ersten Final4-Turnier der Geschichte den „Pott“ geholt, doch dabei waren viele Sitzplätze leer geblieben. „Da habe ich mich daran erinnert, dass wir mit Wallau, weil der Finne Mikael Källman bei uns spielte, mal ein tolles Freundschaftsspiel gegen Finnland in Koblenz hatten, da war die Sporthalle am Oberwerth mit zweieinhalbtausend Fans ausverkauft.“
Wie aber einen solchen Event vermarkten? Keller griff erneut zum Telefonhörer. „Dann habe ich den dortigen Verband Rheinland eingeschaltet. Und die haben mir versprochen, dass sie mir helfen, wenn das zustande käme.“ Als schließlich der 17. August 1994 als Termin mit Schwenker fixiert worden war, konnte der Ticketverkauf starten.
Auch das Fernsehen hätte Keller gern an Bord gehabt. Der private Sender Vox, der seinerzeit die Bundesligarechte besaß, wäre auch gern nach Koblenz gekommen. Aber der Deutsche Handballbund konnte sich mit der Idee nicht anfreunden. „Der Verband war nicht interessiert“, sagt Keller. Ein solches Spiel, hieß es, lohne sich einfach nicht.

Die SG Wallau-Massenheim gewann 1994 den "Canon-Supercup" Foto: Keller
Auch ohne bewegte Bilder war der erste Canon Supercup ein voller Erfolg. Die Halle war ausverkauft, als die SG Wallau-Massenheim unter ihrem neuen Coach Björn Jilsen mit 24:20-Toren siegte und damit einen weiteren Titel einheimste. Die Kieler waren ebenfalls zufrieden, denn sie hatten in den Tagen zuvor sogar noch ein paar Tage in Koblenz trainieren können. „Wir haben von denen alle Kosten übernommen, das war für den THW auch gut“, sagt Keller. Für die SG blieben sogar noch rund 20.000 DM übrig.
Eine ironische Pointe der Handballgeschichte besteht darin, dass die SG Wallau-Massenheim danach nie wieder einen Titel gewann und daher auch nie wieder einem Supercup bestritt. Keller, der mit dem Supercup 1994 zugleich das Namenssponsoring im deutschen Handball erfand, stört das wenig. Er hat ein Trikot aufbewahrt, das die SG für die Supercup-Premiere herstellen ließ. Und überhaupt erinnert sich gern daran zurück, wie er den Supercup erfand. „Es ist wirklich schön“, sagt er, „über diese alten Geschichten zu plaudern“.