HBL
Kiel entscheidet kleines Nordderby gegen Hamburg für sich

Foto: THW Kiel
Der THW Kiel hat das „kleine Nordderby“ gegen den Handball Sport Verein Hamburg mit 27:25 (16:14) gewonnen und ist in der DAIKIN HBL ungeschlagen geblieben. Vor 10.104 Zuschauern in der Wunderino Arena hat die Mannschaft von Trainer Filip Jicha in den letzten Minuten einen Rückstand gedreht und sich mit großem Einsatz die nächsten beiden Punkte gesichert.
Domagoj Duvnjak schüttelte auf dem Gang in die Kabine ungläubig seinen Kopf. "Ein verrückstes Spiel", sagte der THW-Kapitän. "Andy Wolff hat uns in der Schlussphase gerettet. In der Vergangenheit hätten wir so ein Spiel wohl verloren, aber unsere neue Mannschaft hat an sich geglaubt, das Spiel noch umgebogen." Der Sieg sei etwas glücklich ausgefallen, analysierte Duvnjak, "aber letztlich war er wohl verdient. Das ist gut für unsere Köpfe mit Blick in die Zukunft."
Die zehn Tage erzwungener Pause hatten den angeschlagenen Zebras mental gut getan, allerdings benötigten sie viel Zeit, um ihren Rhythmus wiederzufinden. Dennoch startete der THW gut in die Partie: Andreas Wolff war zweimal zur Stelle, hielt großartig gegen Sauter und Kofler, vorne nutzten Emil Madsen und Elias Ellefsen á Skipagötu ihre Chancen, der THW lag schnell mit 2:0 Toren vorn. Magaard verkürzte, im Gegenzug traf Eric Johansson zum 3:1. Im Tor der Hamburger stand mit Robin Haug aber ebenfalls ein Könner seines Fachs: Seine Paraden nutzten Kofler und Andersen (Siebenmeter) zum 3:3. Nach der ersten - sehr harten - Zeitstrafe der Partie gegen Magnus Landin legten die Gäste durch Lassen und Jörgensens verwandelten Strafwurf ihre erste Führung vor. 5:4 stand es nach zwölf Minuten für die von nur wenigen Fans begleiteten südlichen Nachbarn.
Gut für die Kieler, dass Elias Ellefsen á Skipagötu jetzt den Turbo zündete: Er bediente Lukas Laube am Kreis, tankte sich selbst zweimal in Folge gegen die HSV-Abwehr durch. Der 3:0-Lauf bescherte dem THW die 7:5-Führung nach 16 Minuten. Ruhe kehrte allerdings nicht ins Kieler Spiel ein - auch, weil der HSVH seine letzten guten Ergebnisse in der DAIKIN Handball-Bundesliga mit guten Aktionen bestätigte. Da Johansson zweimal scheiterte und Robin Haug auch gegen Madsen parierte, war der HSV schnell wieder dran. 7:7 hieß es nach 18 Minuten. THW-Trainer Filip Jicha drückte auf den Buzzer, versammelte seine Männer zur Auszeit, sprach die Fehler an, hoffte auf bessere Chancenverwertung. Á Skipagötu hatte verstanden. Er war weiterhin der Motor des THW-Spiels, auch im Abschluss zündete der Färinger: Mit seinem siebten Treffer brachte der 23-Jährige seine Farben in der 23. Minute mit 12:10 in Front, erzielte wenig später auch die 14:11-Führung. Die Halle tobte, HSV-Trainer Toto Jansen setzte auf die Auszeit, um wieder Zugriff aufs Spiel zu bekommen.
Es klappte. Lukas Zerbe scheiterte zwar zunächst mit seinem Strafwurf an der Latte, brachte aber den Nachwurf nach spektakulärem Flug-Rebound im HSV-Tor unter. 15:12. Doch der HSV konterte, Andersen netzte zweimal ein, 15:14. Dann war Haug gegen Harald Reinkind zur Stelle, der HSV stand vor dem Remis. Gut für die Kieler, dass Veron Nacinovic seine Chance am Kreis bekam und auch wahrnahm. Der Kroate feierte nach seiner Verletzung im Supercup nicht nur die Premiere in seiner neuen Handball-Heimat Wunderino-Arena sondern auch sein erstes Bundesliga-Tor für die Zebras. Nacinovic packte nach Zuspiel von Nikola Bilyk entschlossen zu, jagte den Ball vom Kreis in die HSV-Maschen. 16:14 Halbzeitpfiff, Gang in die Kabinen. Und aus denen kamen die Gäste mit viel Selbstvertrauen heraus. Sie standen zunächst gut in der Abwehr, durften sich vor allem aber auf Torhüter Mohamed El-Tayar verlassen, der dreimal in Folge stark parierte. Andersen und Lassen nutzten vorne ihre Chancen, glichen nach 36 Minuten zum 16:16 aus.
Jetzt ging es hin und her, vor allem zeichneten sich die Torhüter auf beiden Seiten aus. Wolff ließ Magaard verzweifeln, El-Tayar parierte gegen die glücklosen Johansson und Madsen. Satte sieben Minuten dauerte die Torflaute an, und der bis dato letzte Schütze eines Kieler Tores sollte auch der erste nach Wiederanpfiff sein: Veron Nacinovic traf in der 38. Minute zum 17:16. Lukas Zerbe erhöhte per Strafwurf. und á Skipagötu schmetterte den Ball zum 19:16 in die Hamburger Maschen. Absetzen konnten sich die Zebras dennoch nicht. Die Hamburger kämpften sich zurück, hatten vor allem durch Neuzugang Nicolaj Jörgensen starke Momente. Weller glich in der 48. Minute zum 21:21 aus, und nach 50 Minuten hatte der HSV die Nase wieder vorn: Mortensen, der in der ersten Halbzeit einen Siebenmeter per "Sprungwurf" verwandelt hatte, düpierte die THW-Abwehr zum 22:23, nach 54 Minuten traf Jörgensen gar zum 25:23 für die Hansestädter.
Filip Jicha handelte, wechselte seine Linkshänder aus, brachte Bence Imre und Harald Reinkind. Und die THW-Abwehr? Mutierte, angeführt von Kapitän Duvnjak, zu einer unüberwindlichen Mauer, in der der starke Petter Överby und Nacinovic zudem im Mittelblock Schwerstarbeit gegen Jacob Lassen & Co. leisteten. Und dahinter drehte Andreas Wolff auf, der nacheinander gegen Mortensen, Lassen und Kofler parierte. Aber auch das erzwungene Zeitspiel von Jörgensen und Ballgewinne der aufmerksamen Kieler Defensive halfen. Auf der anderen Seite landeten die Bälle jetzt endlich wieder im HSVH-Netz. Á Skpiagötu traf zum 24:25, wenig später war der Färinger nur mit einem Foul zu bremsen: Den Siebenmeter verwandelte Bence Imre nervenstark zum 25:25.
Der Krimi war an Spannung nun nicht mehr zu überbieten. Die Hamburger zeigten Nerven, produzierten einen technischen Fehler, Petter Överby war mit aller Konsequenz zur Stelle: 26:25! Außerdem kassierte Kofler eine Zeitstrafe, zwei Minuten vor dem Abpfiff. Doch Madsen scheiterte am Pfosen, der HSVH hatte noch einmal Ballbesitz. Die THW-Deckung blockte, Duvnjak sicherte reaktionsschnell den Ball. 14 Sekunden vor dem Abpfiff: THW-Auszeit. Anpfiff, Harald Reinkind tankte sich auf der rechten Seite durch, traf von Außen (!) mit einem Knickwurf zum 27:25 und zum Sieg. Riesen-Jubel auf den Rängen, Jubelkreis auf dem Parkett - sieben Minuten ohne Gegentor und ein eigener 4:0-Lauf sorgten für einen Sieg, bei dem die Zebras schon mit dem Rücken zur Wand standen.