HBL
Steinhauser nervenstark: Recken ringen Kiel mit dem Schlusspfiff einen Punkt ab
TSV Hannover-Burgdorf vs. THW Kiel - Game Highlights
Foto: Guenther
Noch vor dem offiziellen Spielbeginn blickten die 9.900 Zuschauer in der ausverkauften Arena gespannt auf das Spielfeld – dort vollzog sich eine symbolträchtige Maskottchen-Wachablösung: Der seit 2014 im Einsatz befindliche HEKTOR wurde feierlich durch seinen Nachfolger ersetzt. Die Begegnung gegen den deutschen Rekordmeister endete mit einem 29:29-Unentschieden, nach einem Halbzeitstand von 17:14. Beste Werfer für die TSV Hannover-Burgdorf waren Justus Fischer und Renars Uscins mit jeweils sechs Toren.
Das zehnte ausverkaufte Heimspiel der Saison begann mit einem frühen Tor durch Martin Hanne in seinem letzten Heimspiel für die RECKEN, die in einem grünen Sondertrikot anlässlich des Nachhaltigkeits-Spieltag aufliefen. Auf der Gegenseite war es Patrick Wiencek, der in seinem letzten Auswärtsspiel seiner beeindruckenden Karriere den Ausgleich zum 1:1 markierte. Bereits vor dem Anpfiff wurde der 159-fache deutsche Nationalspieler vom Publikum mit großem Applaus bedacht und erhielt von Sven-Sören Christophersen ein Abschiedsgeschenk überreicht. Doch zurück zum Spielgeschehen: Nach den frühen Treffern auf beiden Seiten rückten zunächst die Torhüter in den Fokus. Sowohl Andreas Wolff im Kasten der Kieler als auch Joel Birlehm auf Seiten der RECKEN konnten sich früh mit jeweils einer Parade auszeichnen. Beim Stand von 4:2 gelang den Gastgebern erstmals eine Zwei-Tore-Führung, nachdem Birlehm einen Wurf von Emil Madsen entschärfen konnte. Doch Kiel glich schnell wieder zum 4:4 (5:10 Min.) aus. Trotzdem war in der Halle spürbar: Heute ist gegen den großen THW Kiel etwas möglich. Spätestens als Siebenmeterschreck Joel Birlehm einen Strafwurf von Bence Imre entschärfte und wenig später Kapitän Marius Steinhauser das 8:5 erzielte, kochte die Stimmung. Nach knapp einer gespielten Viertelstunde sorgte Justus Fischer mit dem 10:6 für die erste Vier-Tore-Führung. Birlehm wurde nun immer mehr zum Faktor: Mit mehreren Paraden machte er dem Kieler Angriff das Leben schwer. Beim Stand von 12:8 nahm Gäste-Coach Filip Jícha bereits seine zweite Auszeit – noch vor der 20. Minute. Bereits seit der 15. Minute agierten die Kieler im Angriff mit dem siebten Feldspieler, doch das Risiko wurde mehrfach bestraft: Zwei Tore in Folge, darunter das 13:8 von Vincent Büchner, landeten im verwaisten Kieler Tor, da der Wechsel zum Torwart zu spät kam. Birlehm parierte zu diesem Zeitpunkt bereits seinen dritten Siebenmeter. Zwar landeten zwei abgewehrte Würfe bei den Kielern, die diese im Nachwurf beziehungsweise in dem danach entstandenen Angriff verwerten konnten, doch der Keeper der RECKEN blieb weiterhin eine zentrale Figur im Spielgeschehen. Die Kieler, die weiter im 7-gegen-6-System agierten, verzichteten für knapp die letzten zehn Minuten auf einen Linkshänder im Rückraum und beendeten die erste Halbzeit mit drei Rechtshändern. Die zunehmend offensiv agierende Kieler Abwehr zwang die RECKEN nun zu Fehlern. Trotzdem behielten die Niedersachsen die Kontrolle: Nach einer Auszeit von Christian Prokop in der 26. Minute führten sie mit 15:12 – zwischenzeitlich betrug der Vorsprung sogar fünf Tore. Mit einer verdienten 17:14-Führung ging es schließlich in die Halbzeitpause.
In der zweiten Halbzeit traten die Gäste wieder im Sechs-gegen-Sechs an und wieder mit Madsen, der nach seinen drei Treffern im ersten Durchgang weitere sechs Tore folgen ließ und sich mit insgesamt neun Toren als erfolgreichster Werfer der Partie auszeichnete. Es war ebenfalls Madsen, der gleich zu Beginn der zweiten Hälfte das 17:15 erzielte. Diese Zwei-Tore-Führung der Hausherren hielt zunächst beim 18:16 und 19:17 Bestand, bevor den Gästen mit dem 19:19 der erste Ausgleich seit dem frühen 2:2 gelang. Nach einer weiteren Parade von Birlehm war es Fischer, der mit seinem 150. Saisontor die TSV Hannover-Burgdorf erneut mit 20:19 in Führung brachte (38:37 Minute). Kurz darauf baute Vlad Kulesh die Führung mit seinem Treffer zum 21:19 aus – nur wenige Sekunden vor der 40. Minute. Kulesh war es auch, der mit dem Tor zum 22:21 (41:23 Minute) das 1.000. Saisontor der RECKEN markierte. In der Folge entwickelte sich eine packende Partie auf Augenhöhe: Bis zum 24:23 durch Renars Uscins (47:06 Minute) gelang es den Niedersachsen, stets mit einem Tor in Führung zu gehen, während die Kieler jeweils postwendend ausgleichen konnten. Nach der Einwechslung von Simon Gade für den bis dahin stark parierenden Birlehm (13 Paraden) musste der neue Schlussmann nach fast exakt 51 Minuten erstmals den Rückstand der Gastgeber in dieser Partie hinnehmen – Kiel führte mit 24:25. Doch die RECKEN zeigten eine sofortige Reaktion. Gade, der letztlich eine Quote von 40 % gehaltener Bälle aufwies, trug dazu bei, dass die TSV durch einen Treffer von Marian Michalczik rund sechs Minuten vor dem Ende erneut mit 27:25 in Führung ging. 113 Sekunden vor dem Schlusspfiff erzielte Lukas Zerbe den Ausgleich zum 28:28. Nur 40 Sekunden später gingen die Kieler mit 28:29 durch Madsen in Führung. Nachdem Torwart Wolff einen Ball von Steinhauser abwehren konnte, nahm Kiel nochmals eine Auszeit – begleitet von der klaren Ansage von Trainer Jicha: „Wir müssen ein Tor machen.“ Doch dazu kam es nicht mehr: Die TSV Hannover-Burgdorf verteidigte in dieser Phase äußerst offensiv und zwang Elias Ellefsen á Skipagøtu zu einem Schrittfehler. In den Schlusssekunden holte Fischer einen Siebenmeter heraus, den Steinhauser sicher verwandelte – der verdiente 29:29-Endstand in einem bis zur letzten Sekunde hochspannenden Spiel.
Im Anschluss an die Partie wurde es in der RECKEN-Festung noch einmal emotional: Tilen Strmljan, Vlad Kuelsh, Koray Ayar, Martin Hanne, Vincent Büchner und auch Adam Nyfjäll wurden von den RECKEN-Fans mit großem Applaus und Anerkennung verabschiedet. Die sechs Spieler erhielten persönliche Präsente ihrer Patronatspartner sowie persönliche Andenken des Vereins, als Zeichen der Wertschätzung für ihre teils langjährige Zugehörigkeit und ihr Engagement bei den RECKEN. Jeder der scheidenden Spieler richtete noch einmal persönliche Worte an die Fans – mal kurz und prägnant, mal ausführlicher und bewegt. Doch bevor endgültig Abschied genommen wird, steht am kommenden Sonntag noch einmal ein Auswärtsspiel beim VfL Gummersbach an. Die Mannschaft will dort ein letztes Mal in dieser Saison mit voller Leidenschaft auftreten. Anwurf am letzten Spieltag ist zentral für alle Mannschaften um 15 Uhr.