HBL
Vor dem Italo-Duell gegen Berlin: Wie Leipzigs Torwart Domenico Ebner den Schwung der WM mitnehmen will

Foto: Heilwagen
Mit vier Spielern war der SC DHfK Leipzig bei der WM im Januar vertreten: Marko Mamic mit Kroatien, Luca Witzke und Franz Semper mit Deutschland. Aber da war noch einer, der plötzlich im ganz großen Rampenlicht stand: Italiens Torwart Domenico Ebner. Der Schlussmann war einer der Shooting Stars in der Squadra Azzura, sang bei der Hauptrunden-Partie gegen Deutschland sogar beide Hymnen mit.
Am Sonntag (16.30 Uhr, live bei Dyn) wartet auf den 30-Jährigen, der zuvor unter anderem in Bietigheim und Hannover-Burgdorf spielte, ein ganz besonderes Duell: bei der Partie gegen Berlin geht nicht nur gegen seinen neuen Nationaltrainer und Füchse-Geschäftsführer Bob Hanning, sondern auch gegen seinen italienischen Teamkollegen und Kumpel Leo Prantner, der nach der WM vom HBL-Absteiger HBW Balingen-Weilstetten zu den Füchsen gewechselt war.
„Ich finde es genial, wie Leo den Sprung nach Berlin geschafft hat und wie er sich dort präsentiert“, sagt Ebner, der zudem noch weitere Gäste begrüßen wird: „Auf zwei Fans freue ich mich ganz besonders – zwei italienische Fans, die in Berlin leben. Sie waren groß in Social Media, als sie beim Finale im dänischen Fahnenmeer saßen und unsere Flagge schwenkten. Denen habe ich zwei Karten für Sonntag geschenkt. Außerdem kommt eine 15-köpfige Gruppe aus Südtirol – viele davon haben ihren Anteil daran, dass ich für Italien spiele.“
Die sahen einen Domenico Ebner in Weltklasseform in Dänemark. Aber er hat alles noch gar nicht ganz realisiert, was im Januar geschah: „So richtig verarbeitet habe ich die ganze WM noch nicht, ich bin noch dabei, alles abzuarbeiten. Ich habe mir direkt nach dem Turnier alles aufgeschrieben, was gut oder schlecht gelaufen ist, damit ich auch meine Lehren für die Zukunft daraus ziehen.“

Foto: SG BBM Bietigheim
Eine Lehre ist definitiv, dass Italien plötzlich auf der Weltkarte des Handballs seinen Platz gefunden hat: „Die WM war ein wahnsinniges Erlebnis, die wahre Freude. Es war so toll, dass so viele Menschen so positiv über den italienischen Handball geredet haben. Das hat uns allen gezeigt, dass sich die harte Arbeit der letzten acht Jahre gelohnt hat. Definitiv ist der italienische Handball schon länger im Aufwind, aber erst wenn du dich auf so einer großen Bühne wie einer Weltmeisterschaft zeigen kannst, wird es auch gesehen und wertgeschätzt.“
Dabei hing die WM-Teilnahme anfangs am seidenen Faden – in der ersten von drei Qualirunden verlor Italien das Hinspiel in der Türkei mit neun Toren Differenz. „Als wir es im Rückspiel mit zehn Toren gerade noch so geschafft hatten, hat das unglaubliche Kraft und Emotionen in der Mannschaft freigesetzt, da wussten wir, wir können es schaffen“, sagt Ebner. Es folgten weitere Play-off-Siege in Runde zwei gegen Belgien und dann das WM-Ticket durch zwei sensationelle Erfolge gegen Montenegro.
„Natürlich war es dann sensationell, dass wir mit einem Sieg gegen Tunesien in die WM gestartet sind. Aber wir hatten auch eine solche Vorfreude auf das Turnier, alle hatten Bock. Alle angeschlagenen Spieler wollten unbedingt fit werden für die WM“, sagt Ebner.
Aber das größte Spiel sollte noch folgen: „Die Partie gegen Deutschland war das größte Highlight meiner Karriere. Ich habe vor und nach dem Spiel noch nie ein solch‘ riesiges Medieninteresse für uns und speziell bei mir erlebt. Am Ende hatte ich so viele Anfragen, dass ich sie nicht mal alle beantworten konnte, weil ich mich ja auch noch auf die Partie vorbereiten musste. Wir standen auf einmal auf der richtig großen Bühne und haben meiner Meinung nach ein ganz starkes Ergebnis abgeliefert, wir haben der großen Handballnation Deutschland lange Zeit Paroli geboten. Aber als ich in die Kabine kam, habe ich in ganz enttäuschte Gesichter geschaut. Sie wollten alle ein noch besseres Ergebnis, und das hat mich beeindruckt, dass wir schon so weit sind.“

Foto: TSV Hannover-Burgdorf
Nach der WM hatte Leipzigs Trainer Runar Sigtryggsson seinem Torwart eine Woche Urlaub gegönnt: „Ich bin zu meiner Freundin Nicole nach Ludwigsburg gefahren, die ja auch Handball-Torhüterin ist. Ich habe da individuell mit einem Athletiktrainer und meinem Mentaltrainer gearbeitet. Ich musste ja wieder gut vorbereitet sein auf den Ligaalltag. In Leipzig bin ich dann ganz toll empfangen worden“, blickt Ebner zurück.
Mit seiner Entwicklung in den vergangenen Jahren in der DAIKIN Handball-Bundesliga ist er vollauf zufrieden, mit einer kleinen Einschränkung: „Ich denke, ich habe mich bis zum Ende der letzten Saison richtig gut entwickelt, was meine Quote an Paraden betrifft: die 33,2 Prozent in der Saison 2023/24 können sich, denke ich, sehen lassen. In der Hinrunde dieser Saison lief es bei mir dann nicht mehr so gut – es gab einige Gründe dafür. Jetzt will ich wieder aufs alte Niveau. Aber in der stärksten Liga der Welt zu spielen und dort meine Leistung zu bringen, ist für mich schon genial.“
Weiter geht es für ihn und seinen Klub am Sonntag gegen die Füchse und Leo Prantner: „Vielleicht sorgt dieses Duell von uns beiden ja nochmal für einiges Interesse in Italien. Dank der WM interessieren sich jetzt viel mehr Menschen, aber auch die Medien für Handball. Und was ich mitbekommen habe, ist, dass alle Handballer ganz stolz sind, dass ihr Sport jetzt mehr im Rampenlicht steht. Dennoch: es ist viel Aufbauarbeit nötig, wir waren ja 28 Jahre von der Bildfläche verschwunden.“